Keine Umsatzsteuer für Photovoltaik-Anlagen ab 2023

Jährlich berät der Deutsche Bundestag das Jahressteuergesetz, in dem Regelungen für das kommende Jahr bezüglich verschiedener Steuergesetze beschlossen werden. Erstmals enthält das Jahressteuergesetz 2022 umfassende Änderungen zur steuerlichen Behandlung von Photovoltaik-Anlagen in mehreren Steuergesetzen.

Das Gesetzespaket beinhaltet drei wesentliche Änderungen für die Photovoltaik-Branche:

  1. Umsatzsteuer: Es wird ein neuer Steuersatz von null Prozent eingeführt, der vielen Käufern ermöglicht, Photovoltaik-Anlagen ohne Mehrwertsteuer zu erwerben.
  2. Einkommensteuer-Befreiung: Betreiber von kleinen Photovoltaik-Anlagen werden von der Einkommensteuer befreit, sowohl für neue als auch bestehende Anlagen.
  3. Lohnsteuerhilfevereine: Das Steuerberatungsgesetz wird dahingehend geändert, dass Lohnsteuerhilfevereine auch die Einkommensteuererklärung für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen erstellen dürfen, sofern diese von der Einkommensteuerbefreiung betroffen sind.

Die neuen steuerlichen Regelungen lösen einen Großteil der steuerlichen Probleme im Zusammenhang mit kleinen Photovoltaik-Anlagen und reduzieren die Steuerbürokratie erheblich. Dennoch werden die neuen Regeln vorerst viele Fragen zur Anwendung aufwerfen, insbesondere während der Übergangszeit.

Besonders die Umsatzsteuer sorgt seit Bekanntgabe der Pläne für zahlreiche Fragen. Die Einführung des neuen Steuersatzes von null Prozent für Photovoltaik-Anlagen ist im deutschen Steuerrecht ungewöhnlich. Diese Regelung wurde jedoch erst kürzlich in der europäischen Umsatzsteuerrichtlinie geschaffen, und Deutschland ist Vorreiter bei der Umsetzung.

Formal handelt es sich nicht um eine Umsatzsteuerbefreiung für den Verkauf einer Photovoltaik-Anlage. Stattdessen stellt der Lieferant oder Installateur dem Kunden den Nettopreis "zuzüglich 0 Prozent Umsatzsteuer" in Rechnung.

Eine Umsatzsteuerbefreiung würde bedeuten, dass der Installationsbetrieb die Vorsteuer für den Kauf der Komponenten nicht vom Finanzamt erstattet bekäme und somit teurer einkaufen müsste. Durch die aktuelle Regelung mit dem Nullsteuersatz ist jedoch die übliche Vorsteuererstattung in der gesamten Lieferkette möglich. Erst in der Rechnung an den Endkunden wird der Nullsteuersatz angewandt.

Zusammenfassung der neuen Photovoltaik-Steuerregeln:

  1. Umsatzsteuersatz null:
  • Lieferung und Installation von Photovoltaik-Anlagen, einschließlich des erforderlichen Zubehörs und Speichers
  • Anlagen auf Wohngebäuden, öffentlichen Gebäuden und Gebäuden, die für gemeinnützige Zwecke genutzt werden
  • Keine Begrenzung der Anlagengröße, aber eine Vereinfachungsregel besagt, dass die Bedingungen erfüllt sind, wenn die Anlagenleistung maximal 30 kWp beträgt
  • Lieferungen und Installationen ab dem 1. Januar 2023
  • Neue Ergänzung in § 12 des Umsatzsteuergesetzes (UStG)
  1. Einkommensteuer-Befreiung:
  • Einnahmen (und Entnahmen) aus dem Betrieb von Photovoltaik-Anlagen sind von der Einkommensteuer befreit
  • Anwendbar auf Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 kWp auf Einfamilienhäusern (und anderen Gebäuden) und bei Mehrfamilienhäusern 15 kWp pro Wohneinheit und Gewerbeeinheit
  • Maximal 100 kWp pro Steuerpflichtigem insgesamt
  • Gilt nicht nur für neue Anlagen, sondern auch für bestehende Anlagen und Steuerpflichtige, bei denen die Kriterien erfüllt sind
  • Abschreibungen und Kosten können nicht mehr geltend gemacht werden
  • Rückwirkend ab dem Steuerjahr 2022 gültig, inklusive der Steuererklärung für dieses Jahr
  • Keine Änderungen der Steuerbescheide für Steuerjahre bis 2021 (im Gegensatz zur bisherigen Liebhabereiregelung)
  • Entfall der Liebhabereiregelung gemäß BMF-Schreiben
  • Neue Nummer 72 in § 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
  1. Lohnsteuerhilfevereine:
  • Lohnsteuerhilfevereine dürfen künftig auch die Einkommensteuererklärung für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen erstellen, sofern diese von der Einkommensteuerbefreiung betroffen sind
  • Anwendbar ab dem Steuerjahr 2022
  • Keine Befugnis zum Erstellen einer Umsatzsteuererklärung

Der Nullsteuersatz gilt auch für Batteriespeicher. Die Lieferung und Installation von Photovoltaik-Anlagen sowie aller notwendigen Komponenten und Speicher werden gemäß dem Gesetzentwurf mit dem Nullsteuersatz besteuert. Es gibt jedoch noch Fragen, ob beispielsweise Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Energiemanagementsysteme und die Erneuerung des Zählerschrankes, die von Netzbetreibern bei der Anmeldung einer neuen Anlage oft gefordert werden, ebenfalls davon profitieren. Das Gerüst für die Montage der Anlage sollte jedoch mit dem Nullsteuersatz abgerechnet werden können, wenn es in der Rechnung für die Photovoltaik-Anlage enthalten ist.

Die Finanzverwaltung wird nach Inkrafttreten des Gesetzes ausführliche Hinweise zu diesen und weiteren Praxisfragen geben müssen, beispielsweise unter welchen Umständen der Nullsteuersatz anzuwenden ist. Der Gesetzentwurf erwähnt Anlagen "auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für gemeinnützige Zwecke genutzt werden".

Die genaue Definition von "in der Nähe", "öffentliche Gebäude" und "Gebäude, die für gemeinnützige Zwecke genutzt werden" ergibt sich nicht eindeutig aus dem Wortlaut und der Begründung des Gesetzes. Allerdings müssen bei Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt grundsätzlich keine weiteren Gedanken dazu gemacht werden. In solchen Fällen kann grundsätzlich mit dem Umsatzsteuersatz null abgerechnet werden.

Die Verantwortung wird nun verstärkt auf die Photovoltaik-Fachbetriebe übertragen. Bei Anlagen mit einer Leistung von über 30 Kilowatt müssen Verkäufer oder Installateure die Voraussetzungen überprüfen, um den korrekten Steuersatz - entweder 19 Prozent oder null Prozent - anzuwenden. Der Aussteller der Rechnung ist für die korrekte Deklaration und gegebenenfalls die Zahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt verantwortlich, nicht der Anlagenbetreiber. Daher sollten sich die Fachbetriebe mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen.

Die Einführung des Nullsteuersatzes für Photovoltaik-Anlagen erfolgt vor dem Hintergrund, dass private Betreiber oft freiwillig umsatzsteuerpflichtig sind, um die Mehrwertsteuer, die beim Kauf der Anlage gezahlt wurde, vom Finanzamt zurückzuerhalten. Diese legale Steuerstrategie führt jedoch sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzämter zu umfangreicher Bürokratie, Aufwand und Kosten. In einigen Fällen kann dies sogar zu kostspieligen Fehlern führen, wenn beispielsweise versäumt wird, dem Netzbetreiber die Umsatzsteuerpflicht oder den Wechsel zur Kleinunternehmerregelung mitzuteilen, was zu unbeabsichtigter Steuerhinterziehung führen kann.

Es gibt Unterschiede zwischen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer im neuen Photovoltaik-Steuerrecht:

Einkommensteuer:

  • Betroffene Anlagen: Bestehende und neue Anlagen, auch solche, die älter als 20 Jahre sind, ab dem Steuerjahr 2022
  • Steuerbefreiung: Einnahmen und Entnahmen aus der Erzeugung und Weitergabe oder dem privaten Eigenverbrauch des Solarstroms
  • Umsatzsteuer: Nullsteuersatz beim Kauf der Anlage oder der notwendigen Komponenten (einschließlich Speicher)

Umsatzsteuer:

  • Betroffene Anlagen: Nur Neuanlagen oder wesentliche Nachrüstungen und Speicher, Lieferung oder Fertigstellung ab dem 1. Januar 2023
  • Steuerbefreiung: Nicht anwendbar, falls der Betreiber umsatzsteuerpflichtig ist
  • Anlagengröße: Keine Begrenzung, aber eine Vereinfachungsregel gilt für Anlagen mit einer Leistung von maximal 30 kWp
  • Neue Ergänzung in § 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)

Es gibt derzeit viele Fragen und erste Antworten zu den neuen Regelungen:

  • Wenn eine Anlage gerade geliefert und installiert wurde, sollte sie erst im neuen Jahr in Betrieb genommen werden, um den Nullsteuersatz anwenden zu können.
  • Es wird voraussichtlich möglich sein, den Speicher für eine Anlage, die bereits in Betrieb ist, im Jahr 2023 mit dem Nullsteuersatz zu kaufen.
  • Für bereits gekaufte Anlagen kann die Mehrwertsteuer nicht vom Finanzamt erstattet werden, da es sich beim Nullsteuersatz nicht um eine Erstattung handelt. Der Fachbetrieb kann jedoch eine korrigierte Rechnung ausstellen, falls er irrtümlicherweise zunächst mit 19 Prozent abgerechnet hat.
  • Anzahlungen aus dem Jahr 2022, die mit 19 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurden, können in der Schlussrechnung korrigiert werden, wenn die Lieferung und Installation der Anlage tatsächlich erst 2023 abgeschlossen wird.
  • Bei separater Lieferung und Installation durch verschiedene Unternehmen richtet sich der Steuersatz nach dem jeweiligen Datum der Lieferung bzw. Installation.
  • Die Lieferung von Strom aus der Anlage an Wohnungsmieter im Haus muss weiterhin mit 19 Prozent Umsatzsteuer verkauft werden, sofern der Verkäufer umsatzsteuerpflichtig ist.

Das Jahressteuergesetz muss noch vom Bundesrat bestätigt werden, bevor es in Kraft tritt. Die genauen Anwendungshinweise seitens des Finanzministeriums sind derzeit noch nicht bekannt. Es wird jedoch erwartet, dass die meisten Fragen, die sich bereits jetzt in der Praxis stellen, beantwortet werden, sobald die Hinweise veröffentlicht werden.